Berlin, den 08.10.2022. Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission, die ein Konzept zur Umsetzung der Gaspreisbremse entwickeln soll, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Das Ziel soll sein, die Gaspreise für Bürger und Unternehmen zu senken, damit diese besser durch die Energiepreiskrise kommen. Diskutiert werden mehrere Modelle. Das von Wirtschaftsminister Habeck favorisierte Modell sieht vor, dass gemessen am Vorjahresverbrauch 80% des aktuellen Verbrauchs subventioniert werden. Die restlichen 20% müssen dann zum aktuellen Marktpreis bezahlt werden. Das Modell soll so zusätzlich zum Gas sparen anregen. Einige Experten halten dieses Modell jedoch für nicht umsetzbar. Finanziert werden soll die Gaspreisbremse aus dem „200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm“ gegen hohe Energiepreise.
Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestages, fehlt der soziale Aspekt bei der Diskussion:
„Mal abgesehen davon, dass das „80-20-Modell“ nicht funktionieren kann, da ein Großteil der Menschen in Deutschland in Mietwohnungen lebt und damit größtenteils durch Zentralheizungen versorgt werden, fehlt mir an diesem und auch an den anderen angedachten Modellen der soziale Aspekt.
20% ihres Gasverbrauchs zu aktuellen Marktpreisen zu bezahlen, wird für die Haushalte, die knapp über der Grundsicherung liegen, nicht realisierbar sein. Laut Studien haben 27% aller Erwachsenen keinerlei Rücklagen, im Gegenteil: sie sind bereits verschuldet oder verschuldungsgefährdet. Die subventionierten 80% des Gasverbrauches werden zudem preislich nicht auf dem Vorkrisenniveau liegen, so dass es defacto zu Mehrbelastungen kommen wird. Das heißt, dass trotz der Entlastungsmaßnahmen etwa ein Drittel der Bürger in Schulden gedrängt werden, ohne zu wissen, wie sie diese bei stetig steigenden Kosten jemals zurückzahlen sollen.
Die Einsparmöglichkeiten, die genutzt werden sollen, um die restlichen 20% zu umgehen und den erzieherischen Aspekt dieses Modell darstellen, sind bei den Betroffenen nicht darstellbar. Diese Menschen leben in der Regel nicht in neuen Energiesparhäusern, sondern in Altbauten oder Wohnblöcken, in denen es fast unmöglich ist, weitere Einsparungen umzusetzen. Ihnen zu unterstellen in den vergangenen Jahren nicht energiesparend gelebt zu haben, obwohl das Geld schon knapp war, ist eine Anmaßung seitens Herrn Habeck. In Anbetracht der Preisentwicklung nutzt bereits jetzt jeder klardenkende Mensch, sämtliche Potentiale, um sich vor exorbitanten Nachzahlungen an die Energieversorger zu schützen. Eine Belehrung durch Politik oder Experten verbietet sich an dieser Stelle.
Hier bedarf es daher unbürokratischer Lösungen. Marie-Luise Wolf, Präsidentin des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft, hat z.B. einen fixen Abschlag pro Kilowattstunde vorgeschlagen. Diesen Abschlag könnte man bei geringem Einkommen durchaus erhöhen, um dem unteren Drittel wirklich unter die Arme zu greifen.
Ansonsten werden diese Menschen keine andere Wahl haben, als in das zukünftige Bürgergeld zu gehen, um finanziell zu überleben. Damit gehen dann weitere wichtige Fachkräfte verloren.“