Berlin, den 09.10.2022. Immer mehr Experten u.a. auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. machen sich für das Konzept „Housing First“ stark. „Housing First“ ist ein Konzept für Wohnungslose, welches die Betroffenen im ersten Schritt gleich in eigenen, dauerhaften Wohnraum unterbringt und dann wohnbegleitende Hilfen von erheblicher Intensität anbietet. Es ist vor allem ein Gegenentwurf zu dem vielerorts vorherrschenden Stufenmodell. Dieses Modell basiert auf der Idee, dass Wohnungslose zunächst „wohnfähig“ gemacht werden müssen: Durch Abstinenz, Teilnahme an Maßnahmen und Wohlverhalten in Einrichtungen sollen sich die Betroffenen den Zugang zu regulären Wohnungen erst einmal verdienen und stellt für viele eine unüberwindbare Hürde dar.

Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestags, ist langjähriger Unterstützer von „Housing First“:

„Die geschätzt über 450.000. Wohnungslosen in Deutschland sollten endlich mit einem funktionierenden Konzept unterstützt werden und das ist mit „Housing First“ der Fall. Große Studien aus den USA und Kanada zeigen, dass „Housing First“ mit einer Erfolgsquote um die 80% das bisherige Stufenmodell um Längen schlägt. Das Problem der stufenweisen Eingliederung ist, dass aus der Aufstiegsleiter der Integration viel zu oft eine Rutsche in die Ausgrenzung wird. Sobald sich die Menschen etwas stabilisiert haben, müssen sie schon wieder umziehen, um die nächste Stufe zu erklimmen. Viele Klienten verbleiben so über Jahre hinweg im System. Viele landen am Ende wieder in der Wohnungslosigkeit.

Die dem „Housing First“ innewohnenden Grundprinzipien, wie Wohnen als Grundrecht, Wahlfreiheit und Selbstbestimmung oder die personenzentrierte Hilfeplanung werden den betroffenen Menschen auch deutlich gerechter als das bisherige System voller Forderungen und Sanktionen.

Um das Projekt umzusetzen bedarf es natürlich eines Angebots an sozialen Wohnungen mit einer ausreichenden Quote, die für Wohnungslose reserviert sind. Die Regierung hinkt derzeit nicht nur mit dem Bau der versprochenen 100.000 Sozialwohnungen jährlich hinterher, sondern plant diese auch falsch. Anstatt sich in erster Linie auf Familien zu fokussieren, bedarf es für Wohnungslose auch vieler kleinerer Single-Wohnungen. Dies gilt es zukünftig zu bedenken.

Wenn die Regierung, wie in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, bis 2030 die Obdach- und Wohnungslosigkeit überwinden möchte, ist es nun Zeit “Housing First“ in allen Kommunen zu etablieren.“