Berlin, den 06.10.2022. Die Pflegeversicherung leidet spätestens seit der Corona-Pandemie an immensen Liquiditätsengpässen. Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellte der Pflegeversicherung noch diesen Sommer eine Milliarde Euro in Form eines Darlehens zur Verfügung, um das entstandene finanzielle Loch ansatzweise zu schließen. Ein weiteres Milliardendefizit ist absehbar. Karl Lauterbach strebt eine dringend benötigte Reform jedoch nicht an. Experten halten eine Reform hingegen unumgänglich, um die Finanzen der Pflegeversicherung langfristig sichern zu können.

Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestags, fordert umgehend eine Reform der Pflegeversicherung:

„Alleine die Tatsache, dass das Bundesamt für Soziale Sicherung im Sommer nur ein Darlehen zur Verfügung gestellt hat, um die Pflegeversicherung aus den ärgsten finanziellen Nöten herauszuholen, spricht Bände. Ein Darlehen ist schließlich keine Zukunftslösung und zeigt eindringlich das Desinteresse des Gesundheitsministers. Bei einem Defizit in Höhe von 1,35 Milliarden Euro sollten bei Karl Lauterbach spätestens die Alarmglocken geläutet und sich die Notwendigkeit einer zeitnahen Reform erschlossen haben. Leider ist es bisher nur bei leeren Versprechungen geblieben.

Hier rächt sich vor allem die 2021 von der großen Koalition beschlossene Pflegereform unter der Federführung von Bundessozialminister Hubertus Heil. Die damit initiierten höheren Löhne für Pflegekräfte und durchgesetzten vergleichbaren Einkommen/Tariflöhne in der Altenpflege sind zwar ein Fortschritt in einem Arbeitsbereich mit bislang eher schlechten Arbeitsbedingungen, aber die Reform wurde leider nicht zu Ende gedacht. Denn wie die zusätzlichen Kosten finanziert werden sollen, blieb offen. Um im Wahlkampf die Wähler nicht zu verprellen, wurde die Freigrenze für Angehörige auf 100.000 Euro angehoben. Die Kosten bleiben so bei den Heimbewohnern bzw. bei den Trägern der Sozialhilfe hängen. Dieses verleitet viele Familien mit einem Einkommen unterhalb der Freigrenze ihre pflegedürftigen Angehörigen kostengünstig im Heim unterzubringen. In den Heimen steigen die Eigenanteile der Heimbewohner dagegen zur Refinanzierung der Löhne explosionsartig immer weiter an, alleine dieses Jahr stieg der Eigenanteil zum ersten Juli in den ersten 12 Monaten Heimaufenthalt um 50 Euro auf 916 Euro an.

Gerade in der aktuellen Situation der gestiegenen Inflation und Energiekosten wird ohne eine solide Finanzierung eine angemessene Pflege daher immer schwieriger. Familien, die sich für eine Pflege zuhause entschieden haben, können sich immer weniger fremde Hilfe leisten. Die Betroffenen bleiben dabei auf der Strecke. Pflegebedürftigkeit wird daher immer mehr zum Armutsrisiko.

Die aktuelle Situation ist eines Sozialstaates nicht würdig. Herr Lauterbach sollte bei seiner Arbeit die Priorität von einer unverhältnismäßigen Verschärfung der Corona-Maßnahmen auf eine angemessene Versorgung unserer pflegebedürftigen Personen verschieben. Ansonsten werden 4 Millionen Pflegebedürftigen im Stich gelassen.“