Berlin, den 23. Juli 2022. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinswende eingeleitet und die Leitzinsen um 0,5% angehoben. Die Märkte haben die Zinsentscheidung der EZB jedoch längst vorweggenommen. Schon seit Monaten steigen die Zinsen. Dies hat einschneidende Konsequenzen für den Haushalt von Finanzminister Christian Lindner. Lindner rechnet in diesem Jahr mit Ausgaben von 16 Milliarden für die Kreditfinanzierung des Bundes, 2023 sogar mit 30 Milliarden. Letztes Jahr waren es gerade mal 4 Milliarden.
Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestags, hat dies befürchtet:
„Hier wird leider deutlich, dass auch unsere Finanzpolitik immer nur auf Sicht gefahren wurde. Die letzten Regierungen haben darauf gehofft, dass es bei einer Niedrigzinspolitik bleiben wird und haben den Schuldenberg immer weiter wachsen lassen.
Hinzu kommen Tricksereien im Haushalt, die sich nun bitter rächen. So gibt es schon längere Zeit vom Wissenschaftlichen Beirat des Finanzministeriums und vom Bundesrechnungshof an der Buchungspraxis des Finanzministeriums bei „Agio und Disagio“ berechtigte Kritik.
Bei einem „Disagio“ entstehen Preisabschläge, wenn bei der Auktion von Anleihen durch die Finanzagentur des Bundes nicht der volle Preis erreicht werden kann oder soll. Das Gegenteil, der Preisaufschlag, nennt sich „Agio“, womit die letzten Finanzminister bereits jahrelang gute Geschäfte gemacht haben. Die Bundesbank rügte zuletzt im Juni 2021 noch die Verbuchung der kompletten „Agio“-Einnahmen auf einen Schlag. Damit würden „kurzfristig die Grenzen der Schuldenbremse zulasten künftiger Haushalte“ gelockert.
Mit diesen Tricksereien wurden die Haushalte geschönt, aber zulasten der kommenden Haushalte. Dieses unvorsichtige Handeln trifft uns in der aktuellen Krise nun doppelt. Denn Lindner wird bei weiteren Entlastungsmaßnahmen nun den Rotstift ansetzen müssen, obwohl diese vom Bürger dringend benötigt werden.
Ich fordere daher, für eine seriösere Buchführung zukünftig auf eine sofortige Verbuchung von Agio und Disagio zu verzichten und stattdessen eine Verteilung der Preisabschläge auf einen längeren Zeitraum vorzunehmen. Damit gibt es eine deutlich höhere Planungssicherheit, die grade in der Krise sehr wertvoll ist.“