Berlin, den 8. Juli 2022. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant Medienberichten zufolge drastische Kürzungen der Leistungen für Langzeitarbeitslose. So sollen laut Haushaltsentwurf für 2023 „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ in der Grundsicherung für Arbeitsuchende von aktuell gut 4,8 Milliarden Euro auf 4,2 Milliarden Euro gekürzt werden. Dies entspricht einem Minus von 609 Millionen Euro und damit einer Streichung von mehr als einem Achtel der Mittel. Mittelfristig sollen offenbar vor allem die Mittel für mehrjährige Förderungen, wie der Lohnkostenzuschuss, weitgehend abgeschmolzen werden. Bis 2029 werden die Fälligkeiten entsprechender Verpflichtungsermächtigungen der Planung zufolge auf nur noch 5 Millionen Euro jährlich minimiert.
Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestags, fragt sich, ob die Ampel Alternativen anbieten wird:
„Dies wäre der Todesstoß für das erst 2019 in Kraft getretene und von Hubertus Heil eingebrachte „Teilhabechancengesetz“. Hiermit hat Heil einen „Sozialen Arbeitsmarkts“ etabliert, dessen Grundlagen mit §16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gelegt wurden. Langzeitarbeitslosen soll so die Möglichkeit einer regulären und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung für eine Dauer von bis zu fünf Jahren gegeben werden. Dies allerdings unter erheblichen Kosten für den Steuerzahler, da Unternehmen im Gegenzug Lohnkostenzuschüsse von bis zu 100% erhalten, bei einer Nachbeschäftigungspflicht von nur 6 Monaten.
Dieses Gesetz habe ich von Anfang an vehement kritisiert und jetzt scheint auch in der Ampel inklusive dem Urheber des Gesetzes, Hubertus Heil, die Erkenntnis eingezogen zu sein, dass dies ein untaugliches Mittel gegen Langzeitarbeitslosigkeit ist. Sonst würde Lindner wohl kaum diesen Vorschlag unterbreiten. Mit dem „Teilhabechancengesetz“ wurde nur die Zahl der Arbeitslosen auf Kosten der Steuerzahler schön gerechnet und Wettbewerbsverzerrungen vorgenommen, die den kleinen und mittelständischen Unternehmen massiven Schaden zufügen. Aber kaum ein Langzeitarbeitsloser ist hierdurch wieder in den ersten Arbeitsmarkt zurückgekehrt.
Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, ob die Ampelkoalition das Geld hier schlicht und ergreifend einsparen möchte oder ob nun eine dringend notwendige funktionierende Alternative zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit aus dem Hut gezaubert wird.
Gerade im Hinblick auf den aktuellen Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes ist ein wirkvolles Instrument gegen Langzeitarbeitslosigkeit dringend von Nöten. Es gilt so für viele Menschen die Abwärtsspirale in die Armut zu stoppen und wieder ihre Position in der Gesellschaft stärken zu können.
Falls, wie es zu befürchten ist, Lindner nur bei der Sozialpolitik einsparen möchte, wäre dies das komplett falsche Zeichen in der vorherrschenden Krise. So sollte er lieber den Rotstift bei den 271 Millionen Euro für externe Beratung ansetzen oder den mehr als 700 hochdotierten neuen Stellen in den Bundesministerien. Eine andere Möglichkeit wäre eine Sondersteuer für alle Krisengewinnler, wie Öl-Konzerne oder Pharmakonzerne, einzuführen.
Eine reine Einsparung beim Sozialstaat wäre nicht nur ein Offenbarungseid der Ampel, sondern auch wenig nachhaltig.
Ich fordere daher, Alternativen zu entwickeln anstatt zu kürzen und noch mehr in den Sozialstaat zu investieren, damit unsere Gesellschaft stabiler und krisenresilienter wird.“