Berlin, den 12.11.2022. Der Bundestag stimmte am letzten Donnerstag über das geplante Bürgergeld ab. Die Ampel hat das Gesetz mit ihrer Mehrheit beschlossen, gegen die Stimmen der CDU und der AfD bei Enthaltung der Linken. Die Union droht nun damit das Vorhaben im Bundesrat zu stoppen. Auch ein Gesetzesänderungsantrag der Ampel mit leichten Abänderungen konnte die CDU/CSU nicht umstimmen. Hauptkritik ist die Abkehr vom Prinzip des „Fördern und Fordern“. Durch das Bürgergeld sieht man eher den Weg in ein bedingungsloses Grundeinkommen geebnet, vor allem mittels der deutlichen Einschränkung der Sanktionen und durch das hohe Schonvermögen.

Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestages, lehnt das Bürgergeld ebenfalls ab:

„Mit dem Bürgergeld wird der Zweck des SGB II untergraben. Ziel ist es eigentlich hilfsbedürftigen Menschen zu helfen und die baldige Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies kann aber nicht mit einer Vertrauenszeit ohne jegliche Sanktionen gelingen, wenn die Erfahrung aus der Corona-Pandemie, in der auf Sanktionen verzichtet wurde, uns gelehrt hat, dass etwa 75% der Leistungsberechtigten ihren Terminen dann nicht mehr nachkommen.

Das Gebot der Nachrangigkeit der Sozialhilfe wird ebenfalls unterwandert. Wenn eine vierköpfige Familie ein Schonvermögen von 150.000 Euro in den ersten beiden Bezugsjahren haben darf, sind in diesem Bereich keine hilfsbedürftigen Menschen zu verorten. Zumal eine Selbstauskunft hier dem Jobcenter ausreicht. Vor dem Änderungsantrag genügte sogar eine Erklärung der Antragstellenden. Ein Nachweis ist hier nur auf Nachfrage zu erbringen. Einem Missbrauch wird hier also Tor und Tür geöffnet.

Auch das Beharren auf einem unbefristeten §16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ als Förderung des sozialen Arbeitsmarktes kann nicht nachvollzogen werden. Dieses Instrument ist durch den 100%igen Lohnersatz deutlich teurer als zum Beispiel die Maßnahme nach §16e SGB II, hat aber bisher kaum geschafft Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, sondern im Gegenteil eine recht hohe Abbruchquote. Das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt wird also verfehlt. Hier bedarf es mindestens einer Evaluierung vor einer Entfristung.

Die Tatsache, dass Leistungsbezieher in den ersten zwei Jahren nicht in eine angemessene Wohnung umziehen müssen, wird durch den Änderungsantrag der Ampel nicht wirklich besser, der jetzt vorsieht, dass in der zu großen Wohnung aber nur angemessen geheizt werden darf.

Auch der Bürgergeld-Bonus in Höhe von 75 Euro im Monat zusätzlich zum Regelbedarf für die Teilnahme an einer Maßnahme, die langfristig die Jobchancen verbessert, ist ein völlig falsches Zeichen. Eine Teilnahme sollte eine reine Selbstverständlichkeit sein, die der Staat durchaus fordern kann bei einer Vollversorgung.

Dies ist eine nicht abschließende Aufzählung von Kritikpunkten, die deutlich machen, dass das Bürgergeld in eine komplett falsche Richtung geht und nicht tauglich ist Langzeitarbeitslose erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Hier wird in Zeiten des Fachkräftemangels eher auf den Anreiz gesetzt im Sozialsystem zu verbleiben.

Umso befremdlicher der Ansatz nun der Wirtschaftsweisen, die die Leistungsgesellschaft mit höheren Steuern für Besserverdienende gleich doppelt bestrafen möchte. Ein Energie-Soli und/oder eine höhere Spitzensteuer wären das völlig falsche Zeichen, zumal auch Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen betroffen wären. Auch diese Zielgruppe ist deutlich durch die Krisen geschwächt. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln ist es umso wichtiger wieder mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, die Steuern zahlen und die Produktion aufrechterhalten. Diese Stellschraube sollte die Ampel nutzen und nicht den Mittelstand bestrafen.“