Berlin, den 12.10.2022. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz hat am Mittwoch nach starkem politischem und öffentlichem Druck seinen Rücktritt erklärt. Im Mittelpunkt der Diskussion stand zuletzt die Frage, wann der Minister in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021 genügend Informationen hatte, um das katastrophale Geschehen erkennen zu können und darauf zu reagieren. Kürzlich wurde ein Polizeivideo aus der Katastrophennacht bekannt, sowie ein anschließender Einsatzberichts der Hubschrauberpiloten an das Innenministerium, der die Lage im Ahrtal jedoch eindeutig zeichnete.
Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestages, begrüßt diesen Schritt:
„Der Schritt war längst überfällig, eine Entschuldigung für seine persönlichen Fehler wäre allerdings im Rahmen seines Rücktritts mehr als angemessen gewesen. Immerhin sind durch die Katastrophe 186 Menschen gestorben und einige Tausend um ihre Existenz gebracht worden.
Nach Anne Spiegel nun der zweite Rücktritt im Rahmen Flutkatastrophe. Im Rahmen des Untersuchungsausschusses wird die Verantwortung von Malu Dreyer, der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, sicher noch einmal anhand der neuen Informationen genauer unter die Lupe zu nehmen sein. Zumal sie ihren Innenminister lange geschützt hatte.
Neben der politischen Aufarbeitung der tragischen Ereignisse im Ahrtal ist leider immer noch zu konstatieren, dass die vom Bund und Land versprochenen schnellen und unbürokratischen Hilfsgelder immer noch am deutschen Formalismus scheitern. Viele Betroffene warten noch immer auf Geld von Versicherungen oder der landeseigenen Investitions-und Strukturbank (ISB), die bis zu 80 Prozent der Schäden bezahlt, wenn die Opfer keine Versicherung hatten. Auch bei Spendengeldern scheitert es bei der Auszahlung an bürokratischen Hürden. Da derzeit ein Mangel an Handwerkern herrscht und die Kosten im Baubereich weiter explodieren wird sich auch hier die Situation noch weiter zuspitzen.
Die Lieferung von Waffen in die Ukraine scheint mit mehr politischen Willen getragen zu sein, als die Opferhilfe im Ahrtal. Anders ist es nicht zu erklären, dass einerseits sowohl die finanziellen als auch die bürokratischen Hürden für die Unterstützung der Ukraine so schnell genommen werden, auf der anderen Seite die Betroffenen im Ahrtal sich aber seit über einem Jahr in Geduld üben müssen. Die Entschädigung der Flutopfer scheint hingegen nach einem kurzen Aufschrei deutlich weniger Priorität zu genießen. Als pure Ironie ist es dann zu verstehen, wenn die Landesregierung erklärt, dass vieles bereits geschafft sei.
Eins bleibt festzuhalten, wären die zahlreichen Ehrenamtlichen Helfer nicht gewesen, die ihre Ärmel hochgekrempelt und einfach geholfen haben, würde das Ahrtal heute kaum anders aussehen als kurz nach der Flutkatastrophe. An diesem tatsächlichen schnellen und unbürokratischen Einsatz sollte sich sowohl die Landes-, als auch die Bundesregierung ein Beispiel nehmen.“