Berlin, den 11.10.2022. Nach der Zerstörung der Krim-Brücke spitzt sich die Lage im Ukraine-Konflikt immer weiter zu und droht weiter zu eskalieren. Putin reagiert erwartungsgemäß auf diesen Schlag mit schweren Raketenangriffen auf Kiew und auf andere westliche Städte in der Ukraine. Das mit Russland befreundete Belarus will gemeinsame Truppen mit den Russen in die Ukraine schicken und greift so direkt in den Krieg ein. Deutschland sichert als Reaktion und Loyalitätsbekundung mit der Ukraine weitere Waffenlieferungen zu. Das erste von vier Luftabwehrsystemen wird in den nächsten Tagen an die Ukraine geliefert. Zudem stehen die Lieferungen von schweren Panzern im Raum.

Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestages, macht diese Entwicklung große Sorge:

„Es ist beklemmend zu sehen, wie sich unsere Bundesregierung aktiv in den Konflikt einmischt. Hier geht es um Machtansprüche von verschiedenen Seiten und es liegt nicht an uns, durch Befeuern eines Massensterbens mittels Lieferung immer schwerer Waffen dies zu unterstützen. Dies ist keine Loyalität der vermeintlich guten Seite gegenüber, sondern skrupellos den Opfern des Krieges gegenüber. Hier wäre ganz im Gegenteil die EU gefragt, die Reißleine zu ziehen und mit allen möglichen Mitteln Druck auf Selenskyj auszuüben, endlich an den Verhandlungstisch zurückzukehren, anstatt ihn weiter vorbehaltlos und blind zu unterstützen. Hier sterben jeden Tag auch durch deutsche Waffen tausende von Menschen. Das kann nicht die Lehre aus zwei Weltkriegen sein, nun so zu handeln und einen dritten Weltkrieg herauszufordern.
Neben der menschlichen Tragödie führt uns dieses Handeln auch in eine tiefe Rezession. Nicht nur die vorhandene Abhängigkeit von russischem Öl und Gas stellt uns diesen Winter vor eine Mammutaufgabe mit unbekanntem Ausgang, sondern es bringt auch all die Firmen in Bedrängnis, die in Russland, der Ukraine und Belarus Standorte haben bzw. hatten.

Bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs waren laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rund 3.650 deutsche Firmen in Russland aktiv. Viele Firmen waren seit Jahrzehnten in Russland tätig und hatten Verantwortung für rund 280.000 Beschäftigte. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine beschert der deutschen Wirtschaft durch ihren moralischen Rückzug aus Russland viele Milliarden Euro an Verlusten. Dies aber führt nicht nur zu operativen Verlusten in enormer Höhe, sondern kann als Folge der neuen Gesetzeslage in Russland auch in einer faktischen Enteignung enden. Unternehmen, die ihre Geschäfte weiter in Russland tätigen, wie Globus oder Liebherr, landen auf der sogenannten Yale-Liste des Wirtschaftsprofessors Jeffrey Sonnenfeld und werden dort gebrandmarkt. Die dadurch entstehenden Imageschäden sind tiefgreifend.

In Belarus sind 300 Unternehmen mit deutscher Beteiligung und 70 Repräsentanzen deutscher Firmen betroffen, die zeitnah wohl auch unter Druck geraten werden, ihr Geschäft dort aufzugeben.

Durch den Krieg sind ebenso im internationalen Handel beträchtliche Lieferengpässe bei der Versorgung mit wichtigen Rohstoffen entstanden, welche sich auch auf die gesamteuropäische Wirtschaft negativ auswirken. Dazu gehören u.a. Energieträger, Metalle und Agrargüter, aber auch Düngemittel und Edelgase.
Alleine schon aus ureigenem Interesse sollte die EU daher ihre geballte Wirtschaftsmacht einsetzen, um die Kriegsparteien wieder an den Verhandlungstisch zu bringen, auch wenn dies bedeutet, dass die Ukraine keine weiteren Waffen mehr erhält. Der Krieg wird sich ansonsten mitten in Europa immer weiter ausbreiten.“