Berlin, den 20. Juli 2022. Hartz IV soll im nächsten Jahr zum Bürgergeld werden. Darauf wurde sich schon im Koalitionsvertrag auf Initiative der SPD verständigt. Gerade die Höhe des Regelsatzes wird aufgrund der derzeitigen Inflation ausgiebig diskutiert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will sich heute in Berlin zum Bürgergeld äußern.

Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestags, hat noch einige offene Fragen hierzu:

„Soweit die Grundzüge des Bürgergelds bekannt sind, sind sicherlich einige sinnvolle Punkte darin enthalten. So soll z.B. in den ersten beiden Jahren das Bürgergeld ohne Anrechnung des Vermögens gewährt werden und in diesem Zeitraum auch die Wohnung als angemessen anerkannt werden. Dies ist ein ganz wichtiger Punkt, damit Menschen, die vorübergehend in eine Krise geraten nicht sofort ihr ganzes Leben ändern müssen.

Gerade in Bezug auf die Höhe der Regelsätze sollte folgender Grundgedanke aber Berücksichtigung finden. Wir erleben im Moment, dass viele Rentner, die ihr ganzes Leben in die Rentenversicherung eingezahlt haben, sich am Rande der Grundsicherung bewegen. Viele können mit ihrer Rente nicht mehr die Grundversorgung gewährleisten. Hier sollte es bei der Berechnung des neuen Regelsatzes nicht möglich sein, dass jemand, der noch nie oder nur im geringen Umfang gearbeitet hat, höhere Nettobezüge hat, als jener Rentner, der sein Leben lang eingezahlt hat. So fordert etwa der Paritätische Gesamtverband, dass der Regelsatz aktuell bei mindestens 678 Euro liegen müsste. Wenn man dann vergleicht, dass rentenberechtigte Frauen in den alten Bundesländern vor der aktuellen Erhöhung eine durchschnittliche Rente von 741 Euro bekommen haben, werden viele Rentnerinnen dann auch unter dem geforderten Regelsatz liegen und trotz jahrelanger Einzahlung schlechter gestellt werden.

Ebenso sehe ich die Gefahr, dass durch das neue Bürgergeld ein sozialistisches Staatsmodell mit Hilfe der FDP manifestiert wird, welches mit sozialer Marktwirtschaft nicht mehr viel zu tun hat. Auf der einen Seite sollen Menschen mit höheren Regelsätzen aus der Armutsgrenze gezogen werden und auf der anderen Seite wird der Mindestlohn deutlich erhöht. Werden die Regelsätze jetzt erhöht muss aufgrund des Lohnabstandsgebots auch wieder der Mindestlohn erhöht werden. Man greift so massiv in die Wirtschaft ein. Kombiniert mit den hohen Lohnnebenkosten werden Arbeitnehmer in Deutschland als Konsequenz immer unattraktiver.

Natürlich muss Langzeitarbeitslosen geholfen werden, aber hier sollte das wichtigste Instrument die Arbeit sein. Arbeit kann der Staat zwar nicht schaffen, aber er darf auch Arbeitsplätze nicht zerstören. Dies geschieht aber gerade derzeit z.B. in der Energieindustrie, in der Automobilbranche und in der Kernkraftindustrie en masse.

Hier ist der Staat gefragt die Rahmenbedingungen wieder zu schaffen, um mit einem attraktiven Wirtschaftsstandort viele Menschen vom staatlichen Tropf lösen zu können. Der Ansatz der Förderung von Weiterbildung ist hier elementar, damit offene Arbeitsstellen auch mit den bereits hier lebenden Bürgern besetzt werden können.

Ich fordere daher, dass ein Bürgergeld entsteht, welches nicht den Schwerpunkt einer auskömmlichen Dauerversorgung hat, sondern den ernsthaften Anspruch, die Bezieher wieder in Lohn und Brot zu bringen. Rentner, die jahrelang für ihre Versorgung eingezahlt haben, dürfen dabei nicht schlechter gestellt werden.“