Berlin, den 7. Juni 2022. Letzte Woche wurde im Bundestag ein Gesetz zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen für den Erwerbsminderungsrentenbestand beschlossen. Ab dem 1.Juli sollen demzufolge die Renten im Westen um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent steigen. Ebenso wurde eine Wiedereinführung des Nachholfaktors in der Rentenversicherung verabschiedet. Bei der Erwerbsminderungsrente sollen ab dem 1. Juli 2024 künftig diejenigen Rentner, die von 2001 bis 2018 in eine Erwerbsminderungsrente gingen, einen Zuschlag von 4,5 beziehungsweise 7,5 Prozent und somit eine höhere monatliche Rente erhalten.

Uwe Witt, Mitglied des Deutschen Bundestags, sieht das verabschiedete Gesetz mehr als kritisch:

„Das mag auf den ersten Blick alles mehr als positiv klingen, mehr Rente für alle, aber der Schein trügt. Nicht nur, dass die Rentenerhöhung deutlich unter der derzeitigen Inflation liegt. Der wiedereingeführte Nachholfaktor bedeutet faktisch einen Rentenabzug. Er mindert die Rentenanpassung in diesem Jahr schon um 1,17 Prozent. Insgesamt verringert sich durch die Reform laut Prognosen das Rentenniveau 2026 um 0,8 Prozent und fällt unter die 48%-Marke auf ein Sicherungsniveau von 47,3 Prozent. Die Rentenausgaben verringern sich von 2022-2026 um ganze 18,1 Milliarden Euro.

Gerade in der aktuellen Situation der hohen Inflation und Energiepreise bedeutet dies einen enormen Kaufkraftverlust der Rentner, die zudem im Maßnahmenpaket außen vor gelassen wurden.

Was kaum thematisiert wird ist, dass die Bundesregierung die Sonderzahlungen nach §287a SGB VI in Höhe von jährlich 500 Millionen Euro in den Jahren 2022-2025 an die Deutsche Rentenversicherung abgeschafft hat. Ziel dieser Zahlungen war die Absicherung der Beitragssatzgarantie. Hiermit ist ein nicht unbeträchtlicher Vertrauensverlust entstanden, da die Deutsche Rentenversicherung fest mit diesen Beträgen gerechnet hat. Das Geld soll nun stattdessen wohl in das neue Bürgergeld investiert werden.

Der Zuschlag bei der Erwerbminderungsrente mit einem Finanzvolumen von 2,6 Milliarden Euro jährlich soll laut dem Gesetzesentwurf ein Ausgleich zwischen dem sozialpolitisch wünschenswerten und dem finanziell Möglichen sein. Die Sozialverbände kommen nach einer überschlägigen Rechnung jedoch auf einen realen Anspruch von 13 Prozent bzw. 8 Prozent für die jeweiligen Gruppen. Als Grundlage der Zuschläge den einzusetzenden Wunschbetrag der Regierung von 2,6 Milliarden jährlich zu nehmen, wird dem Anspruch der Betroffenen nicht gerecht, die aufgrund der geringen Erwerbminderungsrenten oft von Armut bedroht sind. Kritisch ist auch der Auszahlungszeitpunkt ab 1. Juli 2024, da viele gerade jetzt in der Krise dringend eine finanzielle Hilfe benötigen. Da dies aufgrund von Bürokratie und Personalmangel nicht früher möglich zu sein scheint, muss man sich hier dringend über Einmalzahlungen Gedanken machen.

Alles in allem ist das neue Gesetz zur Rentenanpassung eine Mogelpackung, die viel verspricht, aber wenig hält. Die Rentner können sich de facto auf Kürzungen einstellen und das bei der derzeitigen sehr angespannten Lage. Die Regierung hat es leider versäumt, hier langfristig die Rente auf einen stabilen Weg zu bringen.“